Viviane Schwizer, Thalwiler Anzeiger | Sihltaler , 4. Januar 2022
Wie eine Oberriednerin in die Rolle der Mutter Teresa schlüpft
Kulturpreis für Schauspielerin Jacqueline Fritschi-Cornaz heisst die diesjährige Kulturpreisträgerin Oberriedens. Die Schauspielerin wurde am Neujahrsapéro besonders für ihre Rolle im Film «Kavita & Teresa» geehrt.
Auf eigenartige Weise veränderte Mutter Teresa, die indische Ordensschwester und Friedensnobelpreisträgerin das Leben der Schauspielerin Jacqueline Fritschi-Cornaz. Die Oberriednerin war im Jahr 2009 erstmals in Mumbai – ehemals Bombay – unterwegs. Besonders berührte sie dort das Elend der Strassenkinder, welchen sie beim Besuch von Bollywood-Filmstudios begegnete. Sie fragte sich, wie sie deren Not lindern könnte, hatte dafür aber noch nicht die zündende Idee.
An einem Studioeingang überraschte sie dann wenig später ein Bild von Mutter Teresa, die im Jahr 1979 für ihren beherzten Einsatz den Friedensnobelpreis erhalten hatte. Schlagartig wurde der Schauspielerin klar: «Ich möchte ein breites Publikum durch einen modernen Mutter-Teresa-Film dazu inspirieren, sich für mehr Respekt, Toleranz und Gerechtigkeit einzusetzen.» Dieses Aha-Erlebnis war die Geburtsstunde des Films «Kavita & Teresa», für dessen Realisation Jacqueline Fritschi-Cornaz am Berchtoldstag in Oberrieden in erster Linie geehrt wurde. Der Neujahrsanlass vor rund 120 Personen mit Apéro fand Corona- bedingt draussen vor dem Mehrzweckgebäude in Oberriedenstatt.
12 Jahre Produktionszeit
Bis der schweizerisch-indischbritische Spielfilm nach dem Drehbuch und der Regie von Kamal Musale entstehen konnte, gab es einige Klippen zu überwinden: Etwa jahrelange Recherchen, viele Reisen, Corona-bedingte Schwierigkeiten und auchdie Suche nach Geldgebern für das 4-Millionen-Projekt. Nun soll der Film im Laufe des Jahres 2022 in die Kinos kommen und auf Streamingdiensten erscheinen.
Speziell für Oberriednerinnen und Oberriedner ist zudem eine Vorpremiere in Form einer Matinée am 9.April im Kino Alba in Zürich geplant. Im Film zu sehen sind neben Mutter Teresa, die von Jacqueline Fritschi-Cornaz selbst gespielt wird, auch Kavita (Banita Sandhu), eine moderne junge Frau mit indischen Wurzeln und vielen Lebensfragen. Das gesamte durch den Film eingespielte Geld soll über die Schweizer Stiftung Zariya Foundation benachteiligten Kindern in Indien zugutekommen.
Die Heimat bleibt wichtig
Zwar drehte sich an der Preisverleihungam 2. Januar fast alles um diesen neuesten Film. Dank
der Laudatio von Bruno Steurer, Präsident des Kulturkreises Oberrieden (KKO), ging aber
nicht vergessen, dass Jacqueline Fritschi-Cornaz sich schon seit frühester Kindheit auf Bühnenbrettern bewegte, eine professionelle
Ausbildung genoss und viele Projekte realisierte.
Sie produzierte im Jahr 2015 in Kooperation mit dem Kulturkreis Oberrieden etwa «Mord im
Gewächshaus», mit dem sie erfolgreich mauf Tournee war. Bereits im Jahr 2002 trat die Schauspielerin mit «Die Sehnsucht im Internet» im KKL in Luzern auf. Auch ihre Eigenproduktion «Ibicaba und Crevetten» hatte grossen
Zulauf. Die Oberriednerin spielte das Stück über die Auswanderung aus der Schweiz, basierend
auf dem Roman von Eveline Hasler, insgesamt über fünf Jahre lang.
Fritschi-Cornaz, die 1962 geboren wurde, betonte am Neujahrsanlass in Oberrieden, dass sie auch nach rund 50 Reisen ins ferne Indien immer wieder gern nach Oberrieden zurückkehre, wo sie aufgewachsen sei und heute wieder mit ihrem Mann lebe. «In Oberrieden komme ich immer wieder zur Ruhe und tanke Kraft für mein kulturelles Wirken in aller Welt».
«In Oberrieden
komme ich immer
wieder zur Ruhe
und tanke Kraft
für mein
kulturelles Wirken
in aller Welt»
Jacqueline Fritschi-Cornaz
Kulturpreisträgerin Oberrieden
«Erträgliche Massnahmen» Traditionsgemäss begrüsste
Oberriedens Gemeindepräsident Martin Arnold am Neujahrsanlass
die Gäste und sprach ein Grusswort zum neuen Jahr. Er zollte der
Preisträgerin grossen Respekt für die erbrachten Leistungen, kam
aber auch auf das leidige Themam Corona zu sprechen.
Zwar sei die ausserordentliche Situation noch nicht überwunden, doch gebe es auch positive Effekte der Pandemie: Er nannte vor allem den «unglaublichen Sprung in der Digitalisierung». Für Arnold ist die Schweiz «relativ gut durch die Krise gekommen».
Die verordneten Massnahmen seien angemessen und einigermassen
erträglich gewesen, betonte er. Die wirtschaftlichen Folgen in unserem Land seien zudem viel weniger gravierend gewesen, als man hätte annehmen müssen. Er motivierte die Oberriednerinnen und
Oberriedner für freiwillige Einsätzeim Dorf, in dem Kultur ihren
gebührenden Platz einnehme. Auch darum freue ihn die Vergabe des 11. Kulturpreises an Jacqueline Fritschi-Cornaz sehr.
Viviane Schwizer